Auf diesem Hof wohnten:

1778

1802

1822

1868

1900

1938

Johann Orend

Johann Orend

Johann Orend

Johann Orend

Michael Orend

Michael Orend

Ehepaar Orend

Michael (*1872 +1953)

Ehefrau Maria (1877 +1943) geb. Schappes stammt von Hof Nr. 27

    Sohn Misch

Ehepaar Orend

Misch (*1896 +1976)

Ehefrau Veronika (1882 +1978)

Dr. Misch Orend war ein bedeutender Sparchwissenschaftler, Volkskundler und Mundartdichter. Nach der Volksschule in Jakobsdorf, Gymnasium in Schäßburg, studierte Misch Theologie, Philosophie und Germanistik in Leipzig und Marburg.

Wintertag

Im Winter, wenn vom Müßigfeldloch her aus den schönen Wäldern der Sturm peitschend und heulend hervorbricht, am Kreuzberg vorbei, an dessen Lehne der Friedhof mit den Maulbeerbäumen liegt, sich in das Dorf zwängt und an die Giebel und Fenster den Schnee wirft, dass er kleben bleibt; oder wenn er vom Burgberg oben über den Burgweg herab auf die Romahütten am Ende des Dorfes fällt, an den klappernden Türen rüttelt, die Straße zwischen den Giebelhäusern entlang fegt, den Dorfbach überspringt und hinab jagt bis zum Harbach, der sich in Weidengebüsche eingehüllt hat und wieder im Wald beim Aschhorn verschwindet, dann sitzt der Bauer Schuff unweit des Ofens auf dem Schemel, hat das Brett mit dem eingeklemmten Messer zwischen den Beinen, vor sich das Schaf stehen und neben sich die Maiskolben in Büscheln gebunden, reißt die Kolben von den Blättern, streift sie am Messer ab, sodass die gelben Körner in das Schaf rieseln, bis es gefüllt ist.

Die Bäuerin sitzt vor der geblümten Truhe mit Spinnrocken und Hanfzocken und dreht die Spindel, die leise surrt und summt. Peter aber kniet auf einem Stuhl am Fenster und presst die Nase an das Glas und sieht hinaus. Im Ofen knistert das Feuer, an der Wand hängen die bunten Krüge mit Hirsch und Traube und darüber stehen die blauen Teller mit den Trauben. Eine wohlige Wärme streicht durch das Zimmer.

Die Schneeflocken fegen schräg am Fenster vorbei. Am Bachrand häuft sich der Schnee zu hoher Kante, die Wege diesseits und jenseits des Baches sind nicht mehr zu erkennen und die Häuserzeile drüben verschwimmt in ungenauen Umrissen.

An der Wand tickt gleichmäßig die Uhr mit dem gelben Zifferblatt. Geborgene Stille herrscht in dem Raum. Derweil die Finger und Hände ihre Arbeit verrichten, geht jeder seinen Gedanken nach, ist fort aus Stube und Haus und genießt das Geborgensein vor Hunger, Kälte und winterlichen Ungemach.

Peter beobachtet die Schneeflocken, die in Klumpen zusammengeballt ans Fenster schlagen, hasten, bleiben und in Nichts vergehen, abermals anschlagen und vergehen. Er sieht eine Krähe mit gesträubten Federn an einem schwarzen Klumpen picken, sich hin und her wenden und wieder picken. Sie steigt auf den Klumpen, der gefrorener Kuhfladen ist, krallt sich mit den Zehen fest, hebt den Kopf weit zurück und hackt den großen Schnabel in den schwarzen Klumpen eine mühselige Arbeit in Schnee und Wind.

Bauer und Bäuerin sitzen eingehüllt in wogenden Gedanken, die anklingen und verwehen, kommen und gehen, wie ein leiser Lufthauch, den man bewusst nicht beachtet und doch mit dankbarem Empfinden wahrnimmt. Die drängende Arbeit ist längst vorbei, die ermüdeten Arme haben ausgeruht, das Essen kann in aller Ruhe genossen werden, keine Hast drängt, Nahrung für Mensch und Vieh ist in Scheune, Boden und Keller wohl verwahrt, das Holz liegt den Hof hinauf aufgestapelt, im Bottich reift das Kraut und der Wein hat ausgegoren, noch ist das Frühjahr fern. In dieser Schwebezeit, wo noch kein frühes Frühlingsdrängen zu merken ist, genießt der Bauer sein Heim, seine Sesshaftigkeit und Geborgenheit. Wenn das Dorf vom Feld, Wald und Landstraße durch Schnee und fegenden Sturm abgeschlossen wird, ist er wahrhaft daheim. Peters Blicke schweifen auf den Weg, wo ein Roma mit einer Bürde Stroh auf dem Rücken krumm und mühsam gegen den Wind ankämpft. Die geschundene Pelzmütze hat er tief in die Augen gedrückt, die Hände um den Strick geklemmt, der von der Bürde tief in die Schulter einschneidet. Mit vielen Fetzen sind die Füße umwickelt und mit Schnüren umwunden. Schwankend, stemmt er sich gegen Sturm und Schnee an, erreicht die Brücke und entschwindet in den wirbelnden Schneeflocken.

Von den Gärten drüben am Hang, von den Weinbergen und Wegen darüber und vom Wald oben ist nichts mehr zu sehen, eine Wand von wirbelnden Schneeflocken liegt darüber.

In der Stube tickt gleichmäßig die Uhr, raschelt der Mais im Schaf und surrt die Spindel.

Peters Augen erspähen im wogenden Flockenspiel eine dunkle Masse, die sich der Brücke zu bewegt. Bald erkennt er vorangehend einen zottigen Hund mit eingezogenem Schwanz, dann einen rumänischen Hirten in den langwolligen Pelz gehüllt, dahinter die Schafe, eine lange Schlange mit beweglichen Gliedern. Dazwischen schreitet der hochgepackte Esel und zum Schluss folgt der Hirtenjunge. In langsamem Schritt drängt der Zug über die Brücke, kommt vor das Haus, vom Wind getrieben, gleitet das Dorf hinab und ist bald wieder vom Schnee umhüllt und verschwunden. An die Fensterscheiben schlagen Flocken in unaufhörlichem Spiel.

Misch Orend